Frankfurter Küche im Bauhausstil

Elisabeth Liebing Elisabeth Liebing
Frankfurter Küche, Werkbundarchiv – Museum der Dinge Werkbundarchiv – Museum der Dinge Kitchen
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Eine Küche dient in erster Linie dem einfachen Zweck, Essen zuzubereiten. Neben dem Vorbereiten und Kochen hat einen besonders hohen Stellenwert, wie schnell und effektiv die Ordnung in der Küche wiederhergestellt wird und wie effektiv und sorgfältig die Arbeiten in der Küche verrichtet werden können. 

Mit exakt diesem Gedanken setzte sich bereits im Jahr 1926 die Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzky auseinander. Eine ideale Küche, in der alles seinen Platz hat, jedes Teil gut zu erreichen ist und die Arbeitswege und -schritte in einer logischen Anordnung zueinander stehen. Wir machen heute eine kleine Reise in die Vergangenheit und zeigen, dass wir der Planerin viel zu verdanken haben. Denn es hat sich kaum etwas verändert und ihr werdet vieles wiedererkennen.

Margarete Schütte-Lihotzky beobachtete und maß die Wege der Hausfrau penibel in der Küche, stoppte die Zeit, wog die Mengen, analysierte die genauen Handbewegungen von linker und rechter Hand beim Spülen, Abtrocknen, Geschirr einräumen. Sie machte daraus eine wahre Wissenschaft von der wir noch immer profitieren.

Strukturierung und Anordnung

Der Grundriss der klassischen Frankfurter Küche beträgt 3,44 Meter mal 1,87 Meter. Das heißt, dass man gerade mal eine Fläche von knapp 6,5 Quadratmetern zur Verfügung hat. Dieser kleine Raum wurde allerdings optimal ausgelotet, da die einzelnen Arbeitszentren so angeordnet wurden, dass unnötige Bewegungen und Handgriffe vermieden werden konnten. Die Küche im Stil des Bauhauses war für die damaligen Gebäude eine einheitliche Maßanfertigung. Die Bauhaus-Küche wurde konsequent als Arbeitsplatz für nur eine Person konzipiert.

Die Architektin Margarete Schütte-Lihotzky entwarf ein ausgeklügeltes System, das alle Gerätschaften und Hausarbeiten in diesem äußerst kleinen Raum miteinander verbinden konnte. So finden sich neben klassischen Küchengeräten auch ein Bügelbrett sowie ein ausklappbarer Tisch. Das Bügelbrett wurde in den Entwurf der Küche eingeplant, um die Wartezeiten während des Kochens effektiv nutzen zu können. Besonderes Merkmal war, dass die Schränke weder über Rückwände noch über Seitenwände verfügten. Die Küchenschränke wurden auf einem etwa zehn Zentimeter erhöhten Sockel errichtet, der nicht bis ganz an die Vorderkante der Schränke reichte. So kann der Nutzer besonders nah an die Arbeitsfläche herantreten. Die Deckenleuchte, die hier leider nicht zu sehen ist, wird an einem Schienensystem entlang geführt, sodass man, je nachdem wo man sich in der Bauhaus-Küche befindet, die Fläche bestens ausleuchten kann. Absolut unüblich war die Arbeitsplatte, die sich vor dem Fenster befindet, um für die fälligen Arbeiten das Tageslicht bestens ausnutzen zu können. Die Platte wurde aus natürlichem Holz gefertigt, was für die damalige Zeit sehr unkonventionell war. Des Weiteren war die Höhe der Arbeitsfläche niedrig bemessen, sodass man auch sitzend an ihr arbeiten konnte.

Um die anfallenden Abfälle beseitigen zu können, wurde eine Aussparung in die Platte eingelassen. Darunter befand sich eine lange Emailleschütte, die den Zwischenabfall auffing, um später gesammelt in einem Mülleimer entsorgt zu werden. Die hölzerne Arbeitsplatte vor dem Fenster fungiert zusätzlich als Bindeglied zu der längsseitig angesiedelten Küchenzeile. Durch die spezielle rechtwinklige Positionierung direkt neben der Spüle konnten sowohl die Küchengeräte als auch die Platte sofort gesäubert werden, ohne dass die Gefahr bestand, dass etwas zu Boden fallen könnte. Die Küchenoberschränke haben Glasausschnitte, sodass man sich schneller zurechtfindet und sich das lange Suchen erspart. Um das Unfallrisiko zu minimieren, wurden Schiebetüren eingebaut, die nicht unnötig in den Küchenraum ragen. Ein höhenverstellbarer Drehstuhl bietet Komfort und kann an allen unterschiedlichen Arbeitsbereichen verwendet werden. 

Details

Die an der Wand befestigten Arbeitsflächen können ausgezogen werden. Die Geschirr-, Topf- und Vorratsschränke sind mit Schiebetüren versehen und sparen so viel Platz ein. Die Materialien sollten leicht abwaschbar und widerstandsfähig sein. Die Werkstoffe wurden aus verschiedenen Hölzern und Metallen gefertigt. Ein überlegtes Detail sind auch die markanten Griffe, die unterhalb kleine Kerbungen aufweisen, sodass man unter die keilförmigen Holzgriffe mit Leichtigkeit fassen und diese schnell öffnen kann. Über den Schubladen lassen sich Abstell- und Schneidebretter mit einer pflegeleichten Linoleumbeschichtung herausziehen und leicht wieder zurückschieben. So wird der geringe Platz bestens ausgenutzt. 

Bauhaus-Schütten

Ein System mit 18 Schütten soll allen wichtigen Lebensmitteln geordnet Platz verschaffen. Dank der Schütten kann man wesentlich schneller die Lebensmittel in ein Gefäß geben. Denken wir an klassische Glasbehälter, die erst aufwendig geöffnet werden müssen, um diese später wieder zu schließen und sie im Anschluss auf ein Regal zu stellen. Das Material Aluminium kam zum Einsatz, weil es einige Vorteile birgt. So ist es besonders belastbar, hygienisch und heute gar nicht mehr aus unsere Küchen weg zu denken. Die hier zu sehende cremeweiße Oberfläche ist eher unüblich und kam erst in den späteren Jahren auf. Gebräuchlicher waren Holzoberflächen, die in Blau, Grün oder Blau-Grün lackiert wurden, da diese Farben von lästigen Fliegen gemieden werden. Unterhalb der Aluminiumschütten finden sich Streben, auf denen man frisch gespülte Teller abstellen kann. Diese können auf aufgeräumter Fläche abtrocknen, ohne dabei der Arbeitsfläche Platz weg zu nehmen. 

Geschichte, Verkauf und Verwendung

Die Frankfurter Küche ist ein wichtiges Zeugnis für die Übertragung von industriellen Arbeitsvorgängen, die das Leben berufstätiger Frauen vereinfachen sollten. Die Küche stellt einen zentralen Aspekt für die moderne Architektur und Alltagskultur der 1920er Jahre dar und ist bis heute die Urform der Einbauküche.

Bis 1930 wurden allein in Frankfurt 10.000 Wohnungen mit dem modernen Küchensystem ausgestattet. Häufig kamen sie im städtisch finanzierten sozialen Wohnungsbau vor. Allerdings wies die Bauhaus-Küche auch Probleme auf, da sie aufgrund der starren Konzeption nicht zwangsläufig in jeder Wohnung realisiert werden konnte. In den folgenden Jahren wurde das arbeitsoptimierte System zwar übernommen, die klassische Frankfurter Küche wurde jedoch je nach Platzangebot der Wohnung angepasst.

Wenn ihr mehr über das Bauhaus erfahren wollt, solltet ihr euch unbedingt das Ideenbuch Meisterhäuser in Dessau ansehen. 

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